Dynamisches Beschaffungssystem (Teil 3)
Lesedauer: 9 Minuten
04. März 2022
Dynamisches Beschaffungssystem: Vor- und Nachteile
Das dynamische Beschaffungssystem ist ein Verfahren, das viele Vorteile bietet und für die Beschaffung der unterschiedlichsten Leistungen genutzt werden kann. Dennoch hat sich dieses Verfahren auf dem Markt noch nicht durchgesetzt. Im Folgenden sollen daher die Vor- und Nachteile diskutiert werden, um schließlich zu zeigen, dass die Vorteile die Nachteile bei Weitem übersteigen.
Vorteile eines dynamischen Beschaffungssystems
Fortlaufender Teilnahmewettbewerb
Sicherstellung der Verfügbarkeit der Leistung
Durch einen fortlaufenden Teilnahmewettbewerb kann auch die Verfügbarkeit der Ware oder Dienstleistung sichergestellt sein. Falls ein oder mehrere Bieter aufgrund von z. B. Insolvenz ausfallen sollten, können andere geeignete Unternehmen einfach nachrücken, indem sie einen Teilnahmeantrag stellen. Nach der Prüfung ihrer Eignung können sie mit in das Verfahren aufgenommen werden. So kann die Verfügbarkeit der Leistung schnell wieder hergestellt werden.
Hinzunahme weiterer Auftraggeber möglich
Aufgrund einer fehlenden rechtlichen Bestimmung gibt es Stimmen, die sich dafür aussprechen, zusätzliche Auftraggeber auch während der gesamten Laufzeit des Beschaffungssystems hinzuzunehmen. Bei der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung wäre dies dagegen ausgeschlossen (§ 21 Abs. 2 S. 2 VgV). Somit ist es Einkaufsgemeinschaften möglich, neue Kunden in das bestehende Beschaffungssystem einzubinden.
Allerdings raten wir von der Hinzunahme weiterer Auftraggeber in ein dynamisches Beschaffungssystem ab und empfehlen zu warten, bis die Sachlage gerichtlich geklärt wurde.
Flexibilität
Ein dynamisches Beschaffungssystem muss zwar befristet sein, jedoch macht der Gesetzgeber keine genauen Vorgaben zur Dauer (u. a. § 120 Abs. 1 GWB). Dagegen ist die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung im Normalfall auf vier Jahre begrenzt (§ 21 Abs. 6 VgV). Hinzu kommt, dass die Gültigkeitsdauer ebenfalls geändert werden kann (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 VgV). Es ist sowohl eine Verkürzung als auch eine Verlängerung möglich.
Des Weiteren kann dieses Verfahren auch flexibel bei der Beschreibung des Beschaffungsgegenstandes sein. Der öffentliche Auftraggeber kann die benötigte Leistung sehr konkret oder auch sehr allgemein definieren. Beispielsweise kann er den Beschaffungsgegenstand sehr allgemein beschreiben und sich dadurch erhoffen, mehr Unternehmen anzusprechen, an dem dynamischen Beschaffungssystem teilzunehmen.
So könnte Erik Einkauf wie im Beispielablauf ein dynamisches Beschaffungssystem für Büroverbrauchsmaterialien einrichten. In der Auftragsbekanntmachung wird der Beschaffungsgegenstand „X Einheiten Kopierpapier“ zunächst nicht weiter spezifiziert. Erst in der Einzelvergabe kann Erik Einkauf dann die benötigte Leistung konkret als „100 Einheiten Kopierpapier 80 g naturweiß“ beschreiben.
Anpassung des Leistungsgegenstandes
Vor allem in innovativen Märkten bietet es sich an, die Leistung eher allgemein zu beschreiben, sodass auch Marktentwicklungen berücksichtigt werden können. Bei einer Rahmenvereinbarung wäre eine Anpassung des Leistungsprofils an die Marktentwicklung nur sehr eingeschränkt möglich (§ 21 Abs. 2 S. 3 VgV). Denn bei einer Rahmenvereinbarung dürfen im Nachhinein keine wesentlichen Veränderungen an den Bedingungen derselben vorgenommen werden. Aber auch hier sollte vor der Einrichtung eines dynamischen Beschaffungsverfahrens geklärt werden, ob es sich bei der zu beschaffenden Leistung um eine marktübliche Leistung handelt.
Schnelle Einzelvergabe
Nachteile eines dynamischen Beschaffungssystems
Kurze Bewertungszeit von Teilnahmeanträgen
Der zügige Ablauf innerhalb des dynamischen Beschaffungssystems kann aber auch eine Herausforderung darstellen. Denn der Auftraggeber hat nur zehn Arbeitstage Zeit, um den Antrag eines Unternehmens auf Teilnahme nach dessen Eingang zu prüfen (§ 24 Abs. 3 VgV). In begründeten Einzelfällen kann die Frist zwar auf 15 Arbeitstage verlängert werden, dennoch könnte dies vor allem für kleinere Vergabestellen eine sehr knappe Frist sein.
Unklare Definition von marktüblichen Leistungen
Derzeit scheint es noch einige Unsicherheiten bei Behörden bezüglich des Verständnisses von marktüblichen Leistungen zu geben. Bei marktüblichen Leistungen handelt es sich um Leistungen, „bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Spezifikationen den Anforderungen des Auftraggebers genügen“ (§ 5 Abs. 1 VOL/A). Diese Definition ermöglicht einigen Spielraum, dennoch sollte diese Definition nicht zu weit gefasst werden.
Fazit
Gerne unterstützen wir Sie hierbei. Melden Sie sich hier für das Webinar “Dynamische Beschaffungssystem” an oder vereinbaren Sie einen persönlichen Termin mit uns.
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.