Vergabetransformationspaket: Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Lesedauer: 9 Minuten

30. Oktober 2024

Dekoratives Bild: Künstliche Intelligenze auf der Waage

Am 18.10.2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz den Referentenentwurf zur Reform für des Vergaberechts. Wir beleuchten die größten Änderungen des Entwurfs.

Digitalisierung, Vereinfachung und Beschleunigung öffentlicher Vergaben sind die Eckpfeiler, die sich SPD, FDP und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag gesetzt hatten. Nun liegt der Referentenentwurf für die Reform für des Vergaberechts [https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/20241009-vergabetransformationspaket.html], auch bekannt als das Vergabetransformationspaket, vor. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) präsentiert damit eine umfangreiche Menge an Änderungsvorschlägen, die in erster Linie das Vergaberecht vereinfachen und Verfahren somit beschleunigen sollen. Ebenso soll aber auch ein verstärkter Fokus auf sozial-ökologische Ziele gelegt werden. Der Entwurf bezieht sich hierbei auf das nationale Vergaberecht.

Wir beleuchten die zentralen Äderungen bzw. Neufassungen des VgV und GWB im Detail und stellen Ihnen die geänderten Gesetzestexte im Vergleich vor. Eine vollständige Synopse aller Änderungen finden Sie im Download-Bereich unter dem obigen Link auf Website des BMWK. Für die Darstellung in den Gesetzestexten in diesem Beitrag gilt folgender Farbcode:

ROT: Entfallener Text im Entwurf im Vergleich zum aktuellen Gesetzestext

ORANGE: Geänderter Text im Entwurf im Vergleich zum aktuellen Gesetzestext

GRÜN: Hinzugefügter Text, bisher nur im Entwurf.

1. Vereinfachung von Vergabeverfahren

Wie eingangs erwähnt ist der Vereinfachung, und somit Beschleunigung, von Verfahren das herausstechende Merkmal des Entwurfs. Eine Vielzahl der vorgeschlagenen Anpassungen zielt direkt oder indirekt auf dieses Ziel ab. Der Mehraufwand durch unhandliche Bürokratie soll nachhaltig reduziert werden.

1.1 Weniger ist mehr in der Leistungsbeschreibung

Die bisherige Maßgabe, dass Leistungen „erschöpfend“ zu beschreiben sind, soll gelockert werden. Zwar sollen Leistungen weiterhin in ausreichendem Maß definiert werden, allerdings soll der Auftraggeber nicht mehr verpflichtet sein alle Informationen vorlegen zu müssen, die ihm bei einer Leistung vorliegen. Neben der Entlastung ist hier auch das Ziel mehr innovative Ideen von Unternehmen einzubeziehen, anstatt diese durch extensive Leistungsbeschreibungen auszuschließen.

§ 121 GWB

(1) In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Die Leistungsbeschreibung enthält die Funktions- oder Leistungsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, deren Kenntnis für die Erstellung des Angebots erforderlich ist, sowie die Umstände und Bedingungen der Leistungserbringung.

1.2 Mehr Freiheiten beim Zusammenfassen von Losen

Das Zusammenfassen mehrere Lose kann viele Gründe haben, neu soll nun sein, dass ein Zusammenfassen von Losen nicht mehr eine Gesamtvergabe des Auftrags bedeuten muss. Zeitliche, wirtschaftliche oder technische Gründen können es dann erlauben einen Teil der Lose einer Vergabe zusammenzufassen.

§ 97 Grundsätze der Vergabe

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen ganz oder teilweise zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe dies rechtfertigen. Auftraggeber sollen Auftragnehmer verpflichten, bei der Erteilung von Unteraufträgen mittelständische Interessen besonders zu berücksichtigen. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

1.3 Vereinfachung beim Nachfordern von Unterlagen

Im Entwurf bleib die eng gefasste Regelung bestehen, wann Unterlagen nachgefordert werden können, die leistungsbezogen die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote betreffen. Allerdings wird die Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen und leistungsbezogenen Unterlagen aufgehoben.

§ 56 Prüfung der Interessenbestätigung, Teilnahmeanträge und Angebote; Nachfordern von Unterlagen

(2) Der öffentliche Auftraggeber kann den Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird. zu übermitteln, zu ergänzen, zu erläutern oder zu vervollständigen.

1.4 Stärkung der Eigenerklärung

Ein weiterer Änderungsvorschlag vereinfacht die Eigenerklärung. Gleichzeitig soll die Nachweispflicht reduziert werden. Hier sind nicht mehr alle Unternehmen gezwungen diese zu erfüllen, sondern Nachweise werden nur von ausgewählten Unternehmen eingefordert, die gute Aussichten auf einen Zuschlag haben.

§ 122 Eignung

(Hinweis: Absatz 3 unterscheidet sich von der am 18.10.2024 veröffentlichten Synopse leicht, da gemäß unserer Einschätzung die hinzugefügte Passage falsch eingebunden wurde. Der Wortlaut der neuen Passage ist unverändert.)

(3) Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden. Der Nachweis soll durch Eigenerklärung erfolgen; über Eigenerklärungen hinausgehende Unterlagen sollen im Verlauf des Verfahrens nur von aussichtsreichen Bewerbern oder Bietern verlangt werden.

(4) Eignungskriterien und Eignungsnachweise müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem so wie dem Auftragswert in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 97 Absatz 1 Satz 2 ist zu wahren. Sie sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen anzugeben. In der Bekanntmachung kann auf die elektronische Adresse der Vergabeunterlagen verwiesen werden, soweit aus der Bekanntmachung ausreichend transparent wird, an welcher Stelle der Vergabeunterlagen die Eignungskriterien aufgeführt sind.

1.5 Vereinfachte Wertung wird die neue Norm

Zukünftig soll zur Beschleunigung und Erleichterung bei offenen Verfahren die Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung durchgeführt werden.

§ 42 Auswahl geeigneter Unternehmen; Ausschluss von Bewerbern und Bietern

(Hinweis: Der bisherige Absatz 3 wird zu Absatz 4, aufgrund eines neu eingefügten Absatz 2)

(3) Bei offenen Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber entscheiden, ob er die Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung durchführt.

(4) Bei offenen Verfahren führt der öffentliche Auftraggeber die Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung durch. Er kann von Satz 1 abweichen, soweit ein erhöhter Aufwand oder sonstige verfahrensbezogene Gründe entgegenstehen. Eine Begründung für die Abweichung ist nicht erforderlich.

2. Schneller und digitaler

Die folgenden Anpassungen beschäftigt sich hauptsächlich mit der Digitalisierung vieler Prozesse, um so eine Beschleunigung der Verfahren zu bewirken. Der „digitale Weg“ wird in diesen Änderungen meistens betont bzw. gestärkt.

  • Nachprüfungsverfahren sollen in Zukunft weitestgehend digital abgewickelt werden.
  • Die Bekanntmachung kann einen klar kommunizierten Link zu den Eignungskriterien in den Vergabeunterlagen enthalten.
  • Markterkundungen sollen möglichst digital durchgeführt werden unter Einbeziehung von Online-Marktplätzen, Vergleichsportalen etc.

3. Richtung Innovation

Besonders den Mittelstand, aber auch Start-Ups, möchte der Entwurf stärken. Zusammengefasst als „junge Unternehmen“ werden Unternehmen bezeichnet, deren Gründung weniger als acht Jahre in der Vergangenheit liegt. Im Vergleich zur aktuellen Situation sollen die folgenden Maßnahmen Verbesserungen bringen:

3.1 Eignung von jungen Unternehmen

Zur Wettbewerbsstärkung sollen die besonderen Umstände, die junge Unternehmen betreffen, mehr miteinbezogen werden. Hier ist ein Bürokratieabbau das Ziel, der eine Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungsverfahren besser ermöglichen soll.

§ 42 Auswahl geeigneter Unternehmen; Ausschluss von Bewerbern und Bietern

(neuer, hinzugefügter Absatz 2)

(2) Bei der Auswahl der Eignungskriterien und Eignungsnachweise sind die besonderen Umstände von jungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen.

3.2 Angebotsaufforderung für junge Unternehmen

In Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb werden Auftraggeber zukünftig verpflichtet, die Unternehmen bei der Aufforderung zur Abgabe eines Erstangebots zu wechseln. Darüber hinaus sollen auch junge sowie kleine und mittlere Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Eine konkrete Vorgabe zur Anzahl gibt es allerdings nicht.

§ 17 Verhandlungsverfahren

(5) Bei einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb erfolgt keine öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Teilnahmeanträgen, sondern unmittelbar eine Aufforderung zur Abgabe von Erstangeboten an die vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Unternehmen. Der Auftraggeber soll zwischen den Unternehmen, die zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert werden, wechseln und regelmäßig auch geeignete junge sowie kleine und mittlere Unternehmen zur Angebotsabgabe auffordern.

3.3 Besondere Zahlungsbedingungen

Durch eine Ergänzung zur Möglichkeit von Vorauszahlungen bei Auftragserteilung sowie Teilzahlungen bei der Erreichung von Projektmeilensteinen wird die VgV erweitert, um die Umstände von jungen sowie kleine und mittleren Unternehmen besser einzubeziehen.

§ 29 Vergabeunterlagen

(2) Der Teil B der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2003 (BAnz. Nr. 178a) ist in der Regel in den Vertrag einzubeziehen. Dies gilt nicht für die Vergabe von Aufträgen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigen angeboten werden und deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. In den Vertragsunterlagen sollen geeignete Zahlungsmodalitäten vereinbart werden, um die Umstände von jungen sowie von kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann eine neue Fassung des Teils B der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen erlassen. Diese ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Bei jeder Änderung sind das Datum der Bekanntmachung im Bundesanzeiger und das Datum, ab dem die geänderte Fassung anzuwenden ist, anzugeben.

3.4 Die Innovation steckt im Nebenangebot

Direkt in der Auftragsbekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Interessenbestätigung sollen Auftraggeber zukünftig angeben, ob Nebenangebote zugelassen, vorgeschrieben oder ausgeschlossen sind. Eine Begründung für die Entscheidung ist hier nicht erforderlich. Ziel ist die Stärkung der Nebenangebote an sich. Hier sei großes Innovationspotenzial für öffentliche Auftraggeber zu finden.

§ 35 Nebenangebote

(1) Der öffentliche Auftraggeber kann Nebenangebote in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung zulassen oder vorschreiben. Fehlt eine entsprechende Angabe, sind keine Nebenangebote zugelassen. Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung an, ob er Nebenangebote zulässt, vorschreibt oder ausschließt. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Nebenangebote müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen.

3.5 Ausschluss von Unterauftragnehmern

Hier wird im VgV noch einmal betont, dass als Ausschlussgrund für Unterauftragnehmern sowohl die Ausschlussgründe als auch Eignungskriterien zulässig sind. Die Eignungsprüfung von Unterauftragnehmern liegt hier im Ermessen der öffentlichen Auftraggeber. Ein Nachfordern von leistungsbezogenen Nachweisen ist daher gültig.

§ 36 Unteraufträge

(5) Der öffentliche Auftraggeber überprüft vor der Erteilung des Zuschlags, ob Gründe für den Ausschluss des Unterauftragnehmers vorliegen. Dies umfasst die Ausschlussgründe nach den §§ 123 und 124 GWB sowie die Eignung des Unterauftragsnehmers. Bei Vorliegen zwingender Ausschlussgründe oder fehlender Eignung des Unterauftragnehmers verlangt der öffentliche Auftraggeber die Ersetzung des Unterauftragnehmers. Bei Vorliegen fakultativer Ausschlussgründe kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass dieser ersetzt wird. Der öffentliche Auftraggeber kann dem Bewerber oder Bieter dafür eine Frist setzen.

3.6 Flexibilität bei Nachweisen

Die bisherige Möglichkeit die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch alternative Unterlagen zu belegen wird erweitert. Da die Vorlage anderer Unterlagen an einen berechtigten Grund gebunden ist, wird erläutert, dass der Status als junges Unternehmen diesen Grund erfüllen kann.

§ 45 Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

(5) Kann ein Bewerber oder Bieter aus einem berechtigten Grund die geforderten Unterlagen nicht beibringen, so kann er seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom öffentlichen Auftraggeber als geeignet angesehener Unterlagen belegen. Ein berechtigter Grund kann insbesondere vorliegen, wenn es sich bei dem Bewerber oder Bieter um ein junges Unternehmen handelt. Der öffentliche Auftraggeber weist in den Vertragsunterlagen auf die Möglichkeit der Vorlage alternativer Unterlagen nach Satz 1 hin.

3.7 Mittelständische Interessen bei Unteraufträgen

Bei der Erteilung von Unteraufträgen sollen Auftragnehmer verpflichtet werden, hier besonders kleine und mittlere Unternehmen zu berücksichtigen.

§ 97 Grundsätze der Vergabe

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen ganz oder teilweise zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe dies rechtfertigen. Auftraggeber sollen Auftragnehmer verpflichten, bei der Erteilung von Unteraufträgen mittelständische Interessen besonders zu beachten. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

4. Nachhaltig, sozial und umweltbezogen

Komplett neu ist § 120a GWB. Dieser rückt die sozialen und umweltbezogenen Ziele ins Zentrum. Daher soll zukünftig mindestens ein soziales oder umweltbezogenes Kriterium in der Leistungsbeschreibung zur Pflicht werden. Eine genaue Definition, was ein umweltbezogenes oder soziales Kriterium umfassen kann, finden Sie in Absatz 2 und 3 unserer Aufstellung der Änderungen.

§ 120a Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Kriterien

(1) Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge werden soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt. Zu diesem Zweck sollen öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Leistungsbeschreibung oder, soweit im Einzelfall mit Blick auf den Auftragsgegenstand geeigneter, auf anderen Stufen des Vergabeverfahrens mindestens ein soziales oder ein umweltbezogenes Kriterium im Sinne der Absätze 2 und 3 berücksichtigen. Die Kriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und zu dessen Wert und den konkreten Beschaffungszielen verhältnismäßig sein.

(2) Umweltbezogen ist ein Kriterium insbesondere dann, wenn es darauf abzielt, dass zu beschaffende Waren, Bau- und Dienstleistungen, soweit möglich über ihren gesamten Lebenszyklus, klimaschonend, biodiversitätsfördernd, rohstoffschonend, energiesparend, wassersparend, schadstoffarm, abfallarm, langlebig, reparaturfreundlich, wiederverwendbar, recyclingfähig, unter Einsatz von Abfällen oder Rezyklaten oder aus nachwachsenden Rohstoffen oder möglichst gut geeignet zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung hergestellt, erbracht oder ausgeführt werden.

(3) Sozial ist ein Kriterium insbesondere dann, wenn es darauf abzielt, dass zu beschaffende Waren, Bau- und Dienstleistungen unter fairen Arbeits- und Handelsbedingungen, unter Ermöglichung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, Benachteiligten oder Menschen mit Behinderungen, unter Förderung der Gleichstellung von Geschlechtern, ethnischen Gruppen, Benachteiligten oder Menschen mit Behinderungen, unter Einsatz sozialer Innovationen, unter Beachtung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte oder unter Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entlang der globalen Wertschöpfungskette hergestellt, erbracht oder ausgeführt werden. Sozial ist ein Kriterium auch dann, wenn es darauf abzielt, dass zu beschaffende Waren, Bau- und Dienstleistungen Benachteiligten oder Menschen mit Behinderungen in besonderem Maße zugänglich sind. Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Einhaltung tariflicher oder nicht-tariflicher Arbeitsbedingungen bei der Ausführung des Auftrags genügt den Anforderungen an das soziale Kriterium im Sinne der Absätze 1 und 4 nicht, soweit die Auferlegung dieser Verpflichtung in Erfüllung einer gesetzlichen Vorgabe oder einer Vorgabe auf Grund eines Gesetzes erfolgt.

(5) Die Bundesregierung erlässt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über Leistungen, die

  1. für eine umweltbezogen nachhaltige Beschaffung besonders geeignet sind,
  2. für eine sozial nachhaltige Beschaffung besonders geeignet sind
  3. nicht beschafft werden dürfen; die Beschaffung solcher Leistungen bleibt hierbei erlaubt, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Interesses dringend geboten ist.

Bei der Auswahl der in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Satz 1 Nummern 1 und 2 benannten Leistungen ist zu berücksichtigen, ob die Einhaltung der Vorgaben des Absatzes 4 bei der Beschaffung der betreffenden Leistung für die öffentlichen Auftraggeber mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Zudem ist hierbei die Bedeutung einer sozial und umweltbezogen nachhaltigen Beschaffung gerade dieser Leistungen für die Förderung sozialer und umweltbezogener Nachhaltigkeit insgesamt zu berücksichtigen. Satz 3 gilt entsprechend für die Auswahl der in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Satz 1 Nummer 3 benannten Leistungen. In den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Satz 1 kann die Bundesregierung allgemein oder für einzelne Leistungen vorgeben, dass die Vorgaben aus Absatz 4 auch bei der Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen gelten, die in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nicht benannt sind, soweit dort als besonders geeignet benannte Waren oder Dienstleistungen ein nicht unerheblicher Bestandteil der zu beschaffenden Ware sind oder in nicht unerheblichem Maße für die Ausführung der zu beschaffenden Leistung verwendet werden.

5. Was passiert in der Unterschwelle?

Neben den Vorschlägen für VgV und GWB umfasst der Entwurf des BMWK auch eine Neufassung der Unterschwellenvergabeverordnung, deren Details sie hier [https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Gesetz/20241018-uvgo-aendm.-download.pdf?__blob=publicationFile&v=8] nachlesen können. Besonders hervorzuheben ist hier § 14a und b. Dieser stärkt sowohl die Beschaffung über Online-Marktplätze als auch die Regelungen für Direktaufträge bei Innovationen.

Die Berücksichtigung der sozialen und umweltbezogenen Kriterien findet sich auch in der UVgO wieder (§ 22a). Auch hier soll mindestens ein Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zur Pflicht werden.

Mehr zum Thema nachhaltige Vergaben finden Sie auch in unserem Blogbeitrag „So wird Beschaffung nachhaltig“ [https://ai-ag.de/blogbeitrag-so-wird-beschaffung-nachhaltig/].

6. Wann kommt das Vergabetransformationspaket?

Ob und wann das Paket als Ganzes oder Teilen in Kraft tritt, ist gänzlich unklar. Nach der Veröffentlichung des Entwurfs besteht nun bis zum 01. November die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den Vorschlägen an das BMWK zu senden (das Formular finden Sie hier im Downloadbereich [https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/20241009-vergabetransformationspaket.html]. Anschließend müsste der Entwurf Bundestag und Bundesrat passieren – und dies noch während der aktuellen Legislaturperiode. Wir werden weiterhin über Neuigkeiten und Fortschritte in Bezug auf das Vergabetransformationspaket berichten.

Die Berücksichtigung der sozialen und umweltbezogenen Kriterien findet sich auch in der UVgO wieder (§ 22a). Auch hier soll mindestens ein Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zur Pflicht werden.

Mehr zum Thema nachhaltige Vergaben finden Sie auch in unserem Blogbeitrag „So wird Beschaffung nachhaltig“ [https://ai-ag.de/blogbeitrag-so-wird-beschaffung-nachhaltig/].

Bei weiteren Fragen können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen (vertrieb@ai-ag.de).

Autor: Steffen Donath

Technischer Redakteur