So wird Beschaffung nachhaltig

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30. August 2024

Dekoratives Bild: Künstliche Intelligenze auf der Waage

Nachhaltigkeit begegnet uns in immer mehr Bereichen des Lebens, auch in der Beschaffung wächst die Bedeutung dieses Themas. Wir erklären, in welchen Teilen einer Vergabeverfahrens Nachhaltigkeit miteinbezogen werden kann und welche Vorteile sich daraus ergeben.

Nachhaltige Beschaffung wird theoretisch definiert als die Vergabe von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die eine geringere Belastung für die Umwelt darstellen als vergleichbare Leistungen desselben Umfangs. Abseits von Beschaffungsgegenständen, die bereits in separaten Gesetzen geregelt wurden (wie beispielsweise das Saubere-Fahrzeug-Beschaffungsgesetz, SaubFahrzeugBeschG) können in öffentlichen Beschaffungen an vielen Stellen Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt und eingefügt werden. 

Muss nachhaltig immer teurer sein?

Die Auffassung, dass die nachhaltige Variante eines Produkts stets teurer ist, hält sich immer noch. Jedoch sieht es in der Realität anders aus. Sowohl bei direkten als auch indirekten Kosten können nachhaltige Produkte eine echte Ersparnis sein. Fängt man beim einfachen Bürobedarf an, sind Recyclingpapier oder aufbereitete Tonerkartuschen häufig im Vorteil. Aber auch wenn keine sofortige Ersparnis möglich ist, macht es Sinn, genauer hinzusehen.

Die sogenannten Lebenszykluskosten beschreiben die Kosten über den Gebrauch eines Produktes hinweg. Dies kann z. B. beinhalten, dass ein Produkt gute Reparatureigenschaften besitzt im Gegensatz zu anderen, die sich nur sehr aufwendig oder erst gar nicht reparieren lassen. Das Produkt kann so länger benutzt werden und spart auf lange Sicht Geld, da eine frühere Neuanschaffung entfällt. Häufig werden auch die späteren Entsorgungskosten nicht berücksichtigt. Wurden Stoffe verbaut, die eine gesonderte, kostenpflichtige Entsorgung erfordern, steigen die Kosten zum Ende des Produktlebenszyklus noch einmal an im Vergleich zu einem Produkt, das mit nachhaltigen Gesichtspunkten entwickelt wurde und eine Entsorgung einfacher macht.

Auch Innovationen sind nachhaltig

Neben direkten und indirekten Kosten kann die nachhaltige Beschaffung auch einen Beitrag zu zukünftigen Verbesserungen leisten. Für manche Hersteller kann der öffentliche Auftrag ein essenzieller Schub für weitere Entwicklung und eine Markterprobung sein. Die Einbindung vollelektrischer Fahrzeuge in den öffentlichen Nahverkehr ist hier ein passendes Beispiel. Einerseits schafft die Vergabestelle einen Beitrag zur Umweltbilanz, andererseits hat der Hersteller eine wichtige Möglichkeit zur Erprobung und anschließenden Verbesserungen des Produktes. Und diese Innovation geschieht nicht in einem Vakuum: Derartige Projekte können weitere ermutigen, ähnliche Schritte zu gehen und notwendige Umstellungen anzugehen.

Nachhaltigkeit in jedem Schritt des Vergabeprozesses

Um Nachhaltigkeitsaspekte in eine Vergabe einzubeziehen, muss man den Prozess ganzheitlich betrachten. Es gibt nicht einen speziellen Aspekt, der universell auf alle Arten von Vergaben anwendbar ist. Vielmehr kann Nachhaltigkeit an diversen Punkten berücksichtigt werden. Dies beginnt direkt mit dem Auftragsgegenstand.

Nach der Bedarfsprüfung gilt es zunächst zu entscheiden, ob überhaupt ein Vergabeverfahren angestrebt wird. Vielleicht besteht die Möglichkeit einer Reparatur, eine Mitnutzung von Produkten verschiedener Abteilungen, sofern dadurch keine Probleme entstehen, oder auch Leasing statt Kaufen kann eine Alternative darstellen. Häufig wird dies jedoch keine Option sein, da Bedarfe einfach erfüllt werden müssen. Der nächste Ansatzpunkt für Nachhaltigkeit ist somit die Leistungsbeschreibung.

Bei der Beschreibung des Ausschreibungsgegenstandes können direkt nachhaltigkeitsbezogene Vorgaben gemacht werden. Diese können auf das Produkt selbst bezogen sein, wie z. B. das Material des Produktes, aber auch der Herstellungsprozess kann berücksichtigt werden. So kann spezifiziert werden, dass beispielsweise bestimmte schädliche Chemikalien bei der Produktion nicht verwendet werden. Auch verwendete Gütezeichen können hier hilfreich sein, da sie oft bereits viele relevante Aspekte der Nachhaltigkeit abdecken. Ein Gütesiegel wie der Blaue Engel und dessen Vorgaben können somit in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Aufgrund des Diskriminierungsverbots ist jedoch darauf zu achten, dass stets auch gleichwertige Gütesiegel erlaubt sind und die Leistungsbeschreibung entsprechend formuliert ist.

In den Eignungskriterien kann hingegen Bezug auf die Umweltaspekte der bietenden Unternehmen genommen werden. So können die Umweltmanagementmaßnahmen eines Unternehmens als Teil der Eignungsprüfung abgefragt werden. Wichtig ist hier stets die Verbindung zum eigentlichen Auftragsgegenstand. Dies wäre z. B. der Fall bei der Ausschreibung von Reinigungsleistungen und Entsorgungen. Zur Überprüfung kann die Beschaffungsstelle Nachweise zur fachlichen und technischen Leistungsfähigkeit verlangen. Dies können beispielsweise Referenzen aus vergangenen Aufträgen sein. Ist der Auftragsgegenstand beschrieben und die Eignungskriterien formuliert, können auch die Zuschlagskriterien ein Hebel für die Nachhaltigkeit sein.

Nachhaltigkeit ist mehr als Wirtschaftlichkeit

Das auf den ersten Blick wirtschaftlichste Angebot ist nicht immer das kostengünstigste, wie bereits durch die erwähnten Lebenszykluskosten gezeigt wurde. Vorrausetzung für ein sinnvolles Zuschlagskriterium ist zunächst auch wieder die Nähe zum Auftragsgegenstand. Beispielsweise ist die Rohstoffherkunft ein legitimes Kriterium in diesem Sinne. Die Anforderung, dass Holz für die Geräte auf einem Kinderspielplatz aus legaler und nachhaltiger Waldwirtschaft stammen muss, kann somit als Kriterium aufgenommen werden. Solange die Gewichtung der Kriterien nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt oder den möglichen Bieterkreis übermäßig einengt, ist die Vergabestelle prinzipiell frei in der Gewichtung der gewählten Kriterien.

Diese verschiedenen Beispiele zeigen: Der erste Schritt für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten ist das Bewusstsein. Denn während man schnell an Recyclingpapier und E-Fahrzeuge denkt, ist z. B. Computerhardware weniger mit Umweltaspekten assoziiert. Doch wie sich gezeigt hat, kann Nachhaltigkeit in vielen Teilen der Beschaffung miteinbezogen werden. Mehr Information zu diesem Thema sowie konkrete Beispiele für verschiedene Auftragsgegenstände finden sich auf der Website des Umweltbundesamtes.

Bei weiteren Fragen können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen (vertrieb@ai-ag.de).

Autor: Steffen Donath

Technischer Redakteur